Ohman… letztes Wochenende wurde ich sowohl verführt, als auch vergewaltigt… Wirklich!
Okay… nicht sexuell und nicht so wie diese Worte normalerweise im sexuellen Kontext verwendet werden, sondern beim Skifahren!
THE STORY:
Ich war mit meinem Bruder Skifahren – zwei Tage lange. Der erste Tag war Hammer!!
Ich hab mich Verführen lassen und es war sooo gut ♥
Ich geb zu, am Anfang war ich echt unsicher und hatte etwas Angst… ABER ICH WOLLTE ES! 🙂 Auf dem Weg mit der Gondel nach oben sind wir tausende Gedanken durch den Kopf und was wenn es mich wieder so hinschmeißt wie letztes Jahr bei meinem Snowboard-Unfall… aber eigentlich war ich nur positiv aufgeregt. 😉 Nun ja, dann war es soweit – mein erstes Mal auf Skiern (mal abgesehn vom Skilager)! Ich hab mir sogar noch direkt davor noch ein 5-Minuten-Youtube-Video angeschaut, um zumindest schon mal die Haupt-Skills gehört zu haben 😀 …und dann hab ich einfach auf der blauen Piste geübt und geübt und geübt und geübt.
Ich hab es einfach zugelassen, hab mich der Piste, dem Schnee, der Geschwindigkeit, dem Schwung hingegeben… Einfach in meinem Tempo… Ich bin immer besser geworden und es war einfach so ein geiles Gefühl! Und wenn man das hier liest, könnte man wirklich fast meinen ich rede hier von Sex 😀
Und die Verführung hat sogar schon letztes Weihnachten begonnen, als ich und mein Bruder den ‘Skiwochenende-Gutschein’ bekommen haben. Ging weiter, als wir das Hotel gebucht haben, als wir über Skigebiete geredet haben, als wir unsere Ski-Ausrüstung ausgeliehen haben und als wir nach Österreich gefahren sind und als ich dann auf der Piste stand, bzw. als ich meinen Schwung gefunden habe und heil unten wieder angekommen bin, war mein Höhepunkt!
…. dann kam aber noch Tag zwei! Heute ein anderes Skigebiet. Alles Easy. Hab mich gefreut auf einen zweiten geilen Tag. Nachdem wir die Liftkarten gekauft haben, sind wir in den erstbesten Lift eingestiegen. Geile Aussicht und weite Pisten. Alles cool, bis ich dann oben an der Piste stand, denn von hier aus sah alles verdammt steil aus. Ich frage meinen Bruder sogar noch, wo es jetzt zur blauen einfachen Piste geht, es stand aber nichts angeschrieben… und im Nachhinein wusste ich dann auch dass es rings um mich herum rot war und naja, eigentlich wollte ich gar nicht und wäre lieber wieder mit dem Lift runtergefahren, aber mein Bruder ist losgefahren und ich hinterher – ich musst schließlich ja auch irgendwie den Berg runterkommen und bin zum Skifahren hier und nicht zum Liftfahren! Ich dachte mir, dass es ja wohl nicht so schlimm sein kann…
Dachte ich und falsch gedacht! Die Piste war für mich verdammt steil, die ganze Zeit hab ich nur versucht, wie ich am besten bremsen kann, dass ich nicht zu schnell werde, dass ich nicht hinfalle, dass ich in keinen reinfahre, dass ich langsam genug für mein Tempo fahre, aber am besten doch schnellstmöglich unten ankomme. Ich hatte wirklich Angst, ich war verkrampft, es hat absolut kein Spaß gemacht, es war die Hölle. …. und das Schlimme war, ich kannte dieses Gefühl ja bereits – es war genau so, als ich letztes Jahr ‘überredet wurde’ die rote Piste an meinem dritten Snowboard-Tag zu fahren… Letztes Jahr war ich nicht gut genug dafür, es war echt dumm sich da überreden zu lassen und am Ende lag ich dann ja auch im Krankenhaus und musste an der Schulter operiert werden… Joa und dieses Jahr war es nicht anders – es war auch hier dumm einfach die rote Piste runterzufahren, das ist mir aber erst nach dem ersten Stück des Berges richtig bewusst geworden und irgendwie musste ich ja dann noch ganz runter…
Es kam wie es kommen musste, mich hats hingeschmissen, meine Beine hat es verdreht und ich hab schon mit Schlimmerem gerechnet (am Ende aber alles nochmal gut gegangen!). Dann saß ich da auf der Piste. Hatte Angst. Musste mir extrem verkneifen nicht zu weinen anzufangen.
Ich wollte diese Piste nicht runter… ICH WOLLTE DAS NICHT!
Aber ich war mitten auf dem Berg …und ICH MUSSTE!
Letztendlich kam dann ein super lieber Mann zu mir, der mir helfen wollte aufzustehen. Wollte ich aber nicht. Er hat dann meine Skier und Stöcke mit nach unten genommen und gewartet bis ich auf dem Po die komplette Piste runtergerutscht bin…
Unten dann als der Mann schon wieder weg war, haben immer noch meine Knie gezittert und am liebsten hätte ich mich einfach irgendwo hingesetzt und losgeheult. Das Erlebnis grade hat sich einfach schrecklich für mich angefühlt!
So wars gewesen und was ich danach wieder umso mehr wusste:
Ich will extrem viel konsequenter sein ab jetzt, bei Dingen, die ICH NICHT WILL!!
Egal was andere wollen und was anderen sagen und was andere denken…
Da mein Bruder es absolut überhaupt nicht verstanden hat, warum ich mich so anstelle, die rote Piste runter zu fahren und ich musst einfach nur die Kurven richtig nehmen und bloß da den Fuß heben und einfach mal ein bisschen schneller fahren und so weiter… und da er es den ganzen Tag weiterhin versucht hat, mich zu überreden NOCHMAL die rote Piste zu fahren, habe ich die Lift-Zeiten genutzt, mal über das Erlebnis bzw. noch besser über das Gefühl, das ich dabei hatte, nachzudenken.
Ich habe mich extrem hilflos und machtlos gefühlt. Ich war verzweifelt. Ich war innerlich zerrissen, da ich ja nicht wollte aber musste und letztendlich trotzdem gemacht hab. Ich hatte Angst und Panik. Ich war unter Druck und hab mich bedrängt gefühlt.
… letztendlich ist mir genau eine Situation eingefallen, die mein Gefühl genau beschreibt und dass die meisten Menschen sich am ehesten noch vorstellen können vielleicht: eine Vergewaltigung.
Jaaaaaa, ich weiß – ich dachte mir auch erst: Uff, Vergewaltigung ist schon nochmal eine andere Hausnummer und eigentlich nicht damit zu vergleichen, ABER DOCH!! Ich habe wirklich den ganzen Tag darüber nachgedacht und so wie ich mich an dem Tag bei der Abfahrt gefühlt habe, stelle ich mir vor, dass ich mich fühle, wenn ich vergewaltigt werden würde… UNVORSTELLBAR SCHRECKLICH – man wird zu etwas gezwungen, dass man nicht will…
Naja ich wäre ja nicht ich, wenn ich nicht versuchen würde das alles zu Reframen und was Positives für mich rauszuziehen – also hier meine 3 Learnings, die ich mir danach jetzt nochmal ganz bewusst gemacht habe:
- ICH WILL KEIN VERGEWALTIGER SEIN
Heißt: Ich akzeptiere, wenn jemand NEIN sagt. Ich zwinge niemande irgendwas zu tun, was er nicht will. Weder sexuell noch auf irgendeiner anderen Ebene. Jeder kann für sich entscheiden was er will, das ist gut so und das will ich ohne Diskussionen akzeptieren. - ICH LASSE MICH NICHT VERGEWALTIGEN
Heißt: Ich sage viel lauter und bestimmter NEIN, sodass mit andere auch hören können. Ich bleibe konsequent, wenn es darum geht, das durchzusetzen, was ich NICHT WILL. Und Menschen, die meine Grenzen nicht akzeptieren, die werden ohne Kompromisse und so schnell wie möglich aus meinem Leben gestrichen. - ICH HÖRE AUF MICH SELBST ZU VERGEWALTIGEN
Heißt: Wenn ich etwas wirklich nicht will, dann höre ich auf mich dazu zu zwingen!! Ich höre auf, mir irgendetwas schön zu reden. Wenn ich nicht will, dann will ich nicht. Oder wenn mein Körper mir schon sagt, dass das nicht gut ist was ich da macht, dass mein Körper das nicht will und ich trotzdem weitermache. Man muss nicht alles wollen, es ist nicht immer alles gut für einen selbst und das ist vollkommen okay. Einer meiner neuen Glaubenssätze, der hoffentlich bald ganz tief in meinem Mindset verwurzelt ist!
Das Gefühl einer Vergewaltigung ist echt verdammt uncool!!
… und meiner Meinung muss es nicht sein. Weder bei mir, noch bei anderen.
Dafür will ich mich einsetzen! Sexuell, finanziell, seelisch, geistig, gesundheitlich, whatever 🙂
Achja – eine Frage stellt sich dann vielleicht doch noch?
Was ist denn der Unterschied zwischen Verführung und Vergewaltigung?
Ich behaupte: Beides ist Sex.
Der Unterschied: Das eine will man und man wird nur auf einen neuen, anderen, ungeplanten Weg geführt und das andere will man nicht. Einmal will man und einmal will man nicht. That’s it.
Manchmal will man was und traut sich selber nicht.
Manchmal will man was und schafft es nicht den ersten Schritt zu machen.
Manchmal will man was und hat keine Ahnung wie man das erreichen soll oder wie es geht.
Wenn jemand will, dann verführe ihn!
Wenn du willst, dann lass dich verführen!
Manchmal will man Sachen nicht, weil sie einem nicht gut tun.
Manchmal will man Sachen nicht, weil man sie schon kennt.
Manchmal will man Sachen nicht, weil man sie noch nicht kennt.
Manchmal will man Sachen nicht, einfach weil es sich nicht gut oder falsch anfühlt.
Wenn jemand nicht will, wage es nicht ihn zu vergewaltigen!
Wenn du nicht willst, dann lass dich nicht vergewaltigen!
YOUR TO DO:
Höre mal viel öfter in dich rein und versuche zu fühlen: Will ich oder nicht?
Lasse ich mich gerade vergewaltigen? Vergewaltige ich mich vielleicht sogar selber??
Und beobachte mal andere Menschen. Sieh genau hin! Rede mit ihnen und höre ihnen zu!
Wollen sie oder wollen sie nicht?
Wird das jemand vergewaltigt? Und bist du am Ende sogar der Täter??
Und immer dann wenn es darum geht, dass jemand etwas von einem anderen will,
was er selbst gar nicht möchte, hole ruhig das Bild einer Vergewaltigung in deinen Kopf!